Immer auf der Flucht (vor uns selbst)

Wie du du bleibst und über dich selbst hinaus wächst! 

  • „Du kannst doch jetzt nicht mitten im Gespräch abhauen,“ meint Franz als Larissa die Wohnungstür ohne ein Abschiedswort hinter sich schließt.
  • „Hör doch endlich auf mich mit diesem Thema zu nerven,“ sagt Paul und dreht die Lautstärke des Fernsehers nach oben.
  • „Lass uns über etwas anderes reden,“ bittet Stefanie als Maria fragt, wie denn gewisse Dinge in ihrer Kindheit gewesen sind.

Ob physisch, im Gespräch oder auch nur gedanklich – flüchten können die meisten von uns wirklich gut. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass unser Gehirn bereits in der Steinzeit darauf ausgerichtet war, immer dann, wenn es gefährlich wird, die Flucht zu ergreifen.

Gefährlich fühlen sich für uns auch so manche Themen, Erinnerungen und Gefühle an. Allerdings rettet uns die Flucht in diesen Bereichen nicht, sondern führt lediglich dazu, dass sich Blockaden und Ängste verfestigen und wir so am Weiterkommen im Leben gehindert werden. Egal, ob es sich dabei um die persönliche Weiterentwicklung oder den gemeinsamen Wachstum in Beziehungen handelt.

Im heutigen Beitrag möchte ich dir daher verständlich machen, was hinter dem weit verbreiteten Fluchtmechanismus steckt und wie du die ursächlichen Ängste und Blockaden mental auflösen kannst.

Diesen Blogbeitrag gibt es auch als Podcast auf Spotify, I-Tunes, Deezer oder direkt hier:

Die Flucht vor uns selbst!

Die eingangs erwähnten Beispiele beziehen sich auf zwischenmenschliche Geschehen. In solchen Situationen ist unser Fluchtverhalten besonders gut erkennbar, weil der Gesprächspartner, meist ohne böse Absicht, einen wunden Punkt trifft, der den sofortigen Rückzug bzw. Flucht auslöst.

In Wahrheit aber fliehen wir nicht vor dem anderen, sondern vor uns selbst. Denn auch dann, wenn kein anderer im Spiel ist, meiden wir gewisse Themen, Gedanken oder Situationen. Unbewusst wissen wir nämlich bestens über unsere sogenannten Triggerpunkte, die meist mit negativen Erfahrungen und Gefühlen, sowie Ängsten und einem verletzten Selbstwert einhergehen, bescheid. Bestimmte Situationen oder Menschen sind somit zwar Auslöser unserer Flucht, nicht aber die Ursache, denn diese schlummert tief in uns.

Flucht, weil´s uns trifft!

Kurzum könnte man auch sagen: Was dich trifft, betrifft dich! Um das zu verdeutlichen, ziehe ich das Beispiel von Larissa und Franz heran. Franz möchte mit Larissa über ihr in letzter Zeit eingeschlafenes Liebesleben sprechen. Für ihn handelt es sich dabei um ein natürliches und ungefährliches Thema. Larissa aber trägt alte Glaubenssätze, wie „Darüber spricht man nicht“ und Zweifel, wie „Ich bin unzulänglich oder nicht sexy genug“ in sich, die sie betroffen machen. Die Folge ist: Flucht aus Angst vor Scham oder nicht zu genügen. 

Wie du dir denken kannst, führt Flucht in diesem Fall zu keiner Auflösung der Ängste. Im Gegenteil, die innere Blockade nimmt mit jeder Flucht an Energie zu. Die Mauer zwischen den beiden wird mit jeder Ablehnung des Gespräches dicker. Eine Weiterentwicklung oder Heilung der Situation ist ohne dass Larissa hinsieht, nicht möglich. 

Aushalten statt flüchten!

Erinnerst du dich daran, wie du als Kind nachts im Bett gelegen bist und dich vor dem Gespenst in deinem Zimmer gefürchtet hast?

Die Angst war riesengroß, am liebsten wärst du aus dem Zimmer geflüchtet, aber einmal bist du geblieben, bist aufgestanden, hast das Licht aufgedreht und dabei hat sich herausgestellt, dass es einfach nur der Vorhang war, der durch das Mondlicht wie ein Gespenst erschien.

Und genau so ist es mit vielen Themen, vor denen wir aus Angst flüchten. Die Angst davor ist oft schlimmer als die Konfrontation selbst. Und wenn wir es dann mit ein wenig Mut wagen und uns den unangenehmen Themen stellen, begegnen wir dabei vor allem uns selbst.

Alte Glaubenssätze, Kränkungen, Enttäuschungen, Ängste und Zweifel, die uns vor langer Zeit auferlegt wurden, kommen zum Vorschein. Dass dies im ersten Moment weh tut, ist völlig natürlich. Wer nun aber an das Gespenst im Kinderzimmer denkt und bleibt, wird schon bald bemerken, wie unglaublich stark seine Anwesenheit genau hier gebraucht wird. Denn vieles davon kann durch unsere Aufmerksamkeit und Zuneigung gelindert und geheilt werden.

Auch interessant:  Wenn die Elternliebe gefehlt hat: 10 gravierende Auswirkungen

Bleibe und wachse über dich selbst hinaus!

In welchen Lebensbereichen flüchtest du? Vermutlich hast du diesen Text nun gelesen und das Fluchtsymptom sofort bei dem ein oder anderen deiner Mitmenschen erkannt. Wie aber sieht es bei dir selbst aus?

Wage einen liebevollen Blick auf die vernachlässigten Bereiche in dir und beginne diese durch Annahme und Achtung zu heilen. Die folgende 3 Schritte-Anleitung kann dir dabei helfen.

1. Radikale Selbstehrlichkeit:

Beantworte die folgenden Fragen so gut es für dich möglich ist:

  • Wann fliehst du vor dir selbst? Beantworte diese Frage im ersten Schritt intuitiv.
  • Wann fliehst du in zwischenmenschlichen Begegnungen?
  • Welche Themen erwecken Fluchtgedanken in dir?
  • Welche Situationen versuchst du zu vermeiden?
  • Was ist dir besonders unangenehm?

2. Gedankenexperiment: Wie schlimm ist es wirklich

  • Bevor du mit der Praxis beginnst, mach ein Gedankenexperiment. Nimm eines deiner Themen und frage dich, was passieren würde, wenn du bleibst. Stell dir vor deinem inneren Auge den Ablauf vor. Meist wird schon dabei klar, dass das Bleiben und dem Fluchtthema ins Auge schauen, weniger schlimm ist als vermutet.
  • Im nächsten Schritt versuchst du real in der brisanten Situation zu bleiben. Mach dir aber bewusst, dass du nichts lösen oder leisten musst. Deine einzige Aufgabe ist es, zu bleiben, zuzuhören und wahrzunehmen, was in dir passiert. (Falls dein Gesprächspartner Antworten von dir erwartet, sag ihm, dass du erstmals in Ruhe darüber nachdenken musst.)
  • Schau dir anschließend an, welche Gedanken und Gefühle in dir hochgekommen sind während du der Situation standhieltst und notiere sie anschließend.

3. Finde den Ursprung des Schmerzes

  • Wenn die Situation vorüber ist, kannst du dich fragen: Wann habe ich mich das erste Mal so gefühlt? Was geschah damals? Und sind diese Urteile oder Glaubenssätze für mich heute überhaupt noch gültig?
  • Dann fragst du dich: Was brauche ich, um diese Situation, dieses Gefühl oder die Vergangenheit zu überwinden? Wie kann ich mich selbst dabei unterstützen? Wer kann mich noch dabei unterstützen?
  • Frage dich auch, was die unangenehme Situation oder das Gefühl dir vielleicht aufzeigen will. Worauf will es dich aufmerksam machen? Wohin will es dich womöglich führen? Oder möchte es einfach nur von dir angenommen werden?

Ich wünsche dir den Mut, dir selbst zu begegnen, alles was ist, liebevoll anzunehmen und dadurch über dich selbst hinauszuwachsen, deine Melanie

Das könnte dich auch interessieren!

* Werbung

Newsletter kostenlos abonnieren

Abonniere den Honigperlen-Newsletter und erhalte in regelmäßigen Abständen kostenlose Impulse für ein erfüllteres Leben.

Schließe dich 59.257 Abonnenten an!

Name(erforderlich)
Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.
Teilen mit

4 Kommentare

  1. Ach wär das nicht bloß so wahr! Danke Melanie, daß du dieses Thema, das eindeutig fast jeden von uns trifft und betrifft so treffend aufgreifst. Dein Artikel ist ein klares Stopp für die Bewusstlosigkeit mit der wir immer wieder den Fehler im Außen suchen, wenn es weh tut.
    Grüße Fanzi

    • Liebe Franzi!
      Ich danke für deine Bestätigung. Auch für mich ist das Bewusstmachen immer wieder aufs Neue die Zauberformel. Herzlichen Gruß Melanie

Kommentare sind geschlossen.