Tiefe Kindheitsverletzungen: 10 Schutzstrategien, die du auflösen solltest

Wir alle haben sie – Schutzstrategien, die uns davor bewahren sollen, bestimmte Kränkungen, Ablehnungen und Enttäuschungen aus Kindheitsverletzungen zu erleben. Das Problem dabei, sie schützen uns nur im ersten Moment und machen unser Leben und vor allem Beziehungen infolge schwieriger. Meist führt das durch Schutzstrategien ausgelöste Verhalten sogar dazu, dass wir genau den Schmerz, den wir eigentlich vermeiden wollten, wieder und wieder erleben.

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Wie kommen Schutzstrategien zustande?

Zurück zum Anfang. Bevor ich dir die häufigsten Schutzstrategien aufzeige und erste Impulse gebe, wie du sie auflösen kannst, schauen wir uns ihren Ursprung an. Hierzu ein Beispiel: Als Daniel gerade einmal sechs Jahre alt war, begann sein Vater, weil er keine Arbeit fand, vermehrt zu trinken. Er war immer öfter nicht mehr in der Lage, klare Sätze zu sprechen oder die ein oder andere Aufgabe im Haushalt zu übernehmen.

Manchmal lag er schnarchend in der Ecke und das Bier vor ihm auf dem Tisch war verschüttet. Ein andermal jammerte er in seinem Suff wie ein kleines Kind und Daniel war überfordert und ratlos. Zudem kam es immer häufiger zu Streitigkeiten zwischen den Eltern, was Daniel sehr verschreckte. Um diesen Szenen nicht mehr länger ausgeliefert zu sein, verbrachte Daniel später immer weniger Zeit zuhause. Er war den ganzen Tag mit dem Fahrrad unterwegs oder verbrachte seine Nachmittage bei Schulfreunden.

Das Resultat: Schutzstrategie – Flucht

Heute ist Daniel erwachsen. Und natürlich will er die Machtlosigkeit, die unangenehmen Gefühle sowie die Konflikte von damals nie wieder erleben. Wenn es nun mit einer Partnerin schwierig wird, sie vielleicht auch noch genauso wie sein Vater damals wimmert und er sich überfordert fühlt, flüchtet er.

Obwohl der Fluchtmechanismus ihm als Kind dabei half, sich emotional besser zu fühlen, ist dieser heute fatal. Denn dieser erlaubt ihm keine tiefe und ehrliche Beziehung, weder zu sich selbst, noch zu seiner Partnerin und fördert das Unterdrücken von Emotionen, das weiters zu Blockaden oder sogar zu körperlichen Problemen führen kann.

Das ist natürlich nur eine mögliche von vielen Schutzstrategien, die sich Menschen aufgrund schmerzhafter Erfahrungen aneignen können.

Schutzstrategien im Überblick

Heute möchte ich dir zehn der häufigsten Schutzmechanismen kurz vorstellen, damit du dir darüber bewusst wirst, welche möglicherweise auch dich blockiert. Als erste Hilfestellung stelle ich dir weiters zu jeder Schutzstrategie eine positive Affirmation zur Verfügung. Weitere Auflösungsmöglichkeiten findest du am Ende des Beitrags.

10 häufige Schutzstrategien bei Kindheitsverletzungen

1. Klammerverhalten

Frau umklammert Mann - Schutzstrategien bei Kindheitsverletzungen erkennen

Wurde dir als Kind nicht gezeigt, dass du wichtig und liebenswert bist, wurdest du vielleicht vernachlässigt oder oft und viel zu früh alleine gelassen, so entsteht später oft ein Klammerverhalten. Dir geht es meist nur dann gut, wenn dein Liebster oder deine Liebste in deiner Nähe ist.

Das Problem: Zum einen kann sich dein Partner durch dein Verhalten überfordert oder genervt fühlen. Zum anderen kann es passieren, dass die Grenze zwischen ihm bzw. ihr und dir verschwimmt und du dich aus Liebesmangel zu sehr anpasst bzw. versuchst, ihm alles recht zu machen.

Affirmation: Ich bin bedeutend und liebenswert.

2. Fluchtverhalten

Waren wir in der Kindheit oft Situationen ausgesetzt, mit denen wir uns überfordert gefühlt haben, z. B. kranken Eltern, Streitigkeiten zwischen den Eltern oder mussten wir zu früh Verantwortung übernehmen, entsteht später häufig der Fluchtmechanismus. 

Auch Menschen, die als Kind von einem geliebten Menschen verlassen wurden, entwickeln vermehrt diese Schutzstrategie. Sie leisten dann sozusagen meist unbewusst einen inneren Schwur: Ich lasse nie wieder zu, verlassen zu werden, deshalb verlasse ich lieber selbst, wenn ich auch nur die geringste Gefahr wittere (z B. einen Konflikt).

Das Problem: Das Flüchten löst keine Probleme. Konflikte, Gefühle und Blockaden stauen sich immer mehr auf. Wir laufen Gefahr, unser Leben lang wegzurennen.

Affirmation: Ich schaffe es, diese Situation zu meistern.

3. Angriff

Wurden wir als Kind oft angegriffen, körperlich oder auch verbal durch verletzende Worte, so ist es möglich, dass wir diesen Schutzmechanismus entwickeln. In der Regel greifen wir dann lange, bevor uns jemand attackieren kann, selbst jemanden an. Manchmal fragen wir uns im Nachhinein „was ist da bloß in mich gefahren?“.

Das Problem: Mit unserem Angriff verletzen wir Menschen, die uns wichtig sind. Zudem löst ein Angriff ebenso keine Probleme, sondern erschwert nur die Gesprächsbereitschaft. Manchmal führt dies dazu, dass Menschen, die uns wichtig sind, uns aus dem Weg gehen.

Affirmation: Ich bin in Sicherheit und agiere stets ruhig und gelassen.

4. Helfersyndrom

Haben wir als Kind wenig oder keine bedingungslose Liebe erfahren, so haben wir uns womöglich diese Schutzstrategie zurechtgelegt. Indem wir etwas besonders Hilfreiches machten, z. B. den Abwasch erledigen, den Müll ausleeren, dem kleinen Bruder die Zähne putzen, erhielten wir zumindest keine Ablehnung und manchmal sogar lobende Worte.

Das Problem: Unser Fokus liegt nur darauf, was andere brauchen. Wir erfüllen ihre Bedürfnisse über die Maßen und vergessen unsere eigenen. Dies ergibt auf Dauer oft Unzufriedenheit und Stress.

Affirmation: Ich werde meiner selbst wegen geliebt und geachtet.

5. Kontrollzwang

Wurden sie als Kind für Fehler hart bestraft oder gescholten, entwickeln viele Menschen einen Kontrollzwang in der Hoffnung, Fehler und den damit verbundenen Schmerz der Ablehnung zu vermeiden.

Ein anderes Szenario, das oft zu Kontrollzwang führt, ist eine sehr chaotische Kindheit ohne Halt. Wurden wir zum Beispiel vernachlässigt, gab es keine Struktur, haben wir zum Beispiel kein Pausenbrot bekommen oder hat man uns einfach einmal irgendwo vergessen, haben wir uns oft mit uns selbst alleingelassen gefühlt oder es viele negative Überraschungen gegeben, so möchten wir diese Überforderung von damals vermeiden, indem wir heute versuchen, alles so gut wie möglich zu kontrollieren.

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Das Problem: Der Zwang wird zu einem Fluch. Er vereinnahmt unser Leben, kostet Zeit und Energie und führt zu permanenten Selbstzweifeln und mangelndem Vertrauen auch anderen Gegenüber. Letzteres wird zum Problem in zwischenmenschlichen Beziehungen, insbesondere dann, wenn wir auch andere stets kontrollieren oder sogar korrigieren.

Affirmation: Ich darf loslassen und mir selbst und anderen vertrauen.

6. Perfektionismus

Die gerade eben beim Kontrollzwang erwähnten Szenarien können genauso ein Auslöser für Perfektionismus sein. Zudem ist Perfektionismus oft eine Folge des antrainierten Glaubenssatzes „ich bin nicht gut genug“. Wurde uns dieses Gefühl in der Kindheit oft vermittelt, so versuchen wir zwanghaft, das Gegenteil zu beweisen, indem wir stetig nach Perfektion streben.

Das Problem: Wir gewinnen den Kampf des dominanten, inneren Glaubenssatzes niemals durch Perfektion. Zudem werden nach Perfektion strebende Menschen oft fälschlich als arrogant wahrgenommen. Außerdem lässt sich Perfektion selten ganz erreichen, weswegen wir uns oft nicht trauen, voll aktiv zu leben.

Affirmation: Ich bin mit all meinen Fehlern und Stärken liebenswert, so wie ich bin.

7. Abspaltung von Gefühlen

Wenn wir in der Kindheit (oder auch später) schreckliche bzw. traumatische Dinge erlebt haben, so bedienen wir uns manchmal dieser Strategie. Wir spalten uns von unseren Emotionen ab, um den Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen. Als wären wir nur Zuseher und nicht Betroffener. Das macht uns dann häufig auch anderen Emotionen gegenüber immun.

Das Problem: Dieser Schutzmechanismus führt dazu, dass wir häufig auch Freude nur vermindert spüren und uns innerlich blockiert fühlen. Im Worstcase löst er Depressionen* aus. Zudem ist er eine Herausforderung für jede Beziehung. Liebe nicht oder nur teilweise zu fühlen und außerdem seinen Gefühlen keinen Ausdruck verleihen zu können, ist kein guter Nährboden für eine gesunde Partnerschaft.

Affirmation: Ich bin bereit dienliche Gefühle zu leben und nicht dienliche loszulassen.

*Depressionen gehören immer in die Hände eines Therapeuten bzw. Arztes!

8. Harmoniesucht

Ähnlich wie beim Helfersyndrom haben wir bei dieser Strategie als Kind die Erfahrung gemacht, dass wir nur dann die lebensnotwendige Zuneigung oder zumindest keine Ablehnung erhielten, wenn wir es Mama, Papa oder anderen wichtigen Menschen recht gemacht haben. Ein Nein unsererseits wurde meist bestraft.

Das Problem: Wir sind ständig damit beschäftigt, es anderen recht zu machen, anstatt das Leben zu erschaffen, das uns selbst glücklich macht. Die Liebe, die wir uns durch dieses Verhalten erwarten, bleibt meist trotzdem aus. Mehr dazu, kannst du hier nachlesen: Warum dich Harmoniesucht garantiert unglücklich macht und wie du sie auflöst.

Affirmation: Ich liebe mich meiner selbst willen und werde um meiner selbst willen geliebt. 

9. Schweigen und ausharren

Mann hält sich Hand vor Gesicht - Schutzstrategien bei Kindheitsverletzungen erkennen

Wenn wir als Kind Situationen ausgesetzt waren, die uns regelmäßig überfordert haben, kann es zu dieser Strategie kommen. Z. B. wenn unsere Eltern stritten oder der Vater einen Tobsuchtsanfall bekam. Wir haben uns dann womöglich in unser Zimmer verzogen und abgewartet, bis die Gewitterwolke vorüber war.

Das Problem: Diese Schutzstrategie ist für keine Erwachsenenbeziehung förderlich. Auch hier gilt, Probleme lösen sich nicht, indem man wartet und sie totschweigt.

Affirmation: Ich bin in der Lage, jedes Problem in meinem Leben zu wandeln.

10. Leistungsdrang

Hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir nur dann gesehen wurden und die für uns als Kind notwendige, positive Aufmerksamkeit erhielten, wenn wir etwas geleistet haben.

Das Problem: Niemand liebt uns wirklich unserer Leistung wegen. Das ständige Streben nach Mehr kostet Energie und das Gefühl der Anerkennung hält meist nur kurze Zeit. Man läuft Gefahr, ausgebrannt und unglücklich zu werden und übersieht oft die wirklich wichtigen Dingen im Leben, fernab von Karriere und Prestige.

Affirmation: Ich darf mich entspannen und werde geliebt.

Auflösung von Schutzstrategien aus Kindheitsverletzungen

Womöglich hast du dich in einer oder mehreren Schutzstrategien wieder erkannt. Das ergeht den meisten so. Der erste Schritt – die Bewusstwerdung ist nun geschafft. Die einzelnen Affirmationen sind hilfreich, aber leider nicht die vollständige Lösung. Es ist nun wichtig, deine Strategien so oft wie möglich situationsbedingt zu erkennen und gleichzeitig am Glaubenssatz, der sich hinter deinen Strategien befindet, zu arbeiten.

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Ich wünsche dir alles Gute beim Erkennen und Auflösen deiner Schutzstrategien!

Herzlich, deine Melanie

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