Neulich traf ich mich mit einer Freundin auf einen Kaffee. Sie wirkte erschöpft, rührte gedankenverloren in ihrem Cappuccino und seufzte. „Ich versteh’s einfach nicht“, sagte sie.
Sie erzählte mir, dass sie zum ersten Mal seit Jahren drei Tage verreist gewesen war – eine kleine Auszeit für sich. Ihr Partner hatte in der Zeit die Kinder betreut, und obwohl er das ohne Klagen getan hatte, hatte sie nun das Gefühl, alles wieder „ausgleichen“ zu müssen. Sie übernahm den kompletten Haushalt, nahm ihm jegliche Erledigungen ab und gab sich mit allem besonders viel Mühe. Als müsste sie ihm nun das Fünffache von dem, was er ihr gegeben hat, zurückgeben.
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Mehr InformationenDann hielt sie inne, sah mich an und sagte leise: „Weißt du, ich glaube, ich liebe einfach immer ein bisschen mehr. Ich sorge mich mehr, ich kümmere mich mehr, gebe mehr…“
Ich nickte, denn mir begegnete genau dieses Phänomen nicht zum ersten Mal. Frauen, die immer mehr geben, ja sogar mehr lieben. Großteils in Liebesbeziehungen, oft aber auch in Freundschaften.
Und falls du auch das Gefühl hast, dass immer du die bist, die mehr liebt und mehr gibt, dann bist du bei diesem Beitrag genau richtig. Ich möchte dir nämlich heute die Hintergründe darlegen, dir dabei helfen, dich besser zu verstehen und dir Möglichkeiten aufzeigen, wie du aus diesem Muster ausbrechen kannst.
Wie betroffen bist du?
Bevor wir loslegen, lass uns mal sehen, wie betroffen du bist.
10 Anzeichen, dass du (zu) viel gibst:
- Du verwechselst Liebe mit Leistung und Zuwendung mit deinem Wert.
- Du entschuldigst dich häufig – auch wenn du nichts falsch gemacht hast.
- Du stellst deine eigenen Bedürfnisse regelmäßig hinten an.
- Du gibst mehr Energie, Zeit oder Aufmerksamkeit als dein Gegenüber.
- Du hast ein schlechtes Gewissen, wenn du dir Zeit für dich selbst nimmst oder nur dir selbst etwas Gutes tust.
- Du denkst oft: „Wenn ich mich nur noch mehr bemühe, wird alles besser.“
- Du nimmst häufig zu viel Belastung oder Stress auf dich, um anderen etwas abzunehmen.
- Du hast das Gefühl, für den „emotionalen Haushalt“ der Beziehung verantwortlich zu sein.
- Du bekommst selten das zurück, was du gibst – emotional oder praktisch.
- Du fühlst dich schnell ausgenutzt, sagst aber trotzdem selten Nein.

Wahre Gründe, warum du immer mehr liebst
Meist gibt es nicht den einen einzigen Grund, warum du zu jener Person geworden bist, die sich immer mehr kümmert, die immer mehr gibt als der andere. Oft ist es eine Konstellation aus verschiedenen Ursachen. Und es kann sehr hilfreich sein, diese zu durchblicken. Daher schauen wir uns die 5 häufigsten mal genauer an.
1. Erlernte Anpassung: Frauen als „Kümmerer“
Viele von uns wachsen mit dem unausgesprochenen Glaubenssatz auf: „Ich bin wertvoll, wenn ich mich um andere kümmere.“
- Bereits als Mädchen werden wir oft dazu erzogen, uns um das Wohl anderer zu sorgen (z. B. Eltern, Geschwister). Die Gewohnheit legt sich als Überzeugung – so muss das sein – fest, und wir setzen dieses Muster als Erwachsene fort.
- In Medien und Gesellschaft werden Frauen oft als „die Gebenden“ dargestellt – sei es als liebevolle Mutter, unterstützende Partnerin oder hilfsbereite Freundin.
- Dieses Rollenbild führt dazu, dass viele Frauen unbewusst glauben: „Ich muss mehr geben, um geliebt zu werden.“
2. Bindungsmuster aus der Kindheit
Unsere ersten Erfahrungen mit Liebe prägen uns fürs Leben. Besonders entscheidend sind dabei die Bindungsmuster, die wir als Kinder entwickeln:
- Unsichere Bindung: Wer als Kind Liebe nur bekam, wenn er „brav“ war oder viel für andere tat, verinnerlicht: „Ich muss leisten, um Liebe zu verdienen.“
- Emotionale Vernachlässigung: Wenn Eltern wenig emotionale Nähe gaben, lernen Kinder oft, sich besonders anzustrengen, um Aufmerksamkeit und Liebe zu bekommen. Dieses Muster setzt sich später in Beziehungen fort.
- Eltern als Vorbilder: Wenn eine Mutter sich in der Beziehung aufopferte, übernehmen viele Töchter unbewusst dieses Verhalten.
3. Verlustangst und die Angst vor Ablehnung
Wer bereits früh erlebt hat, von geliebten Menschen abgelehnt oder vernachlässigt zu werden und außerdem einen geschwächten Selbstwert hat, entwickelt fast immer Verlustängste.
Diese Ängste führen dazu, dass wir uns besonders anstrengen, um den Partner oder andere wichtige Personen zufrieden zu stellen. Wir glauben: „Wenn ich mich nur genug bemühe, wird er/sie mich nicht verlassen.“
Dadurch entsteht jedoch ein Ungleichgewicht: Die eine Person investiert zu viel, die andere gewöhnt sich daran, wenig zu geben.
4. Niedriges Selbstwertgefühl und Bestätigung durch Liebe
Wie schon oft erwähnt, ist das Selbstwertgefühl unser mentales Immunsystem. Ist es nicht fit, tun wir Dinge, die uns langfristig nicht guttun, um uns kurzfristig besser zu fühlen. Wenn wir uns innerlich nicht wertvoll genug fühlen, versuchen wir, Bestätigung von außen zu bekommen – durch Geben, Dasein und Kümmern.
Wer sich selbst nicht als ausreichend empfindet, denkt unbewusst: „Wenn ich mehr liebe, werde ich wertvoller.“
Das Problem: Dieses Verhalten zieht oft Menschen an, die nehmen, aber wenig zurückgeben. Oder aber es erzieht Menschen in diese Richtung – sprich, der Partner oder die Freunde gewöhnen sich daran und nutzen dich so, womöglich ohne böse Absicht, aus.
Wie du aus dem „Mehr-lieben“-Muster ausbrichst
Es ist nicht immer einfach, aus diesem Muster auszubrechen. Aber es ist möglich! Hier sind einige Impulse, die dir helfen können, dich von diesem „Mehr-lieben“-Verhalten zu lösen.
1. Achtsamkeit entwickeln
Der erste Schritt ist, bewusst zu erkennen, wann du in das Muster des „Mehr-liebens“ gerätst. Achte darauf, wann und warum du es tust. Ergründe die wahre Ursache. Oft lautet diese nämlich – ich will geliebt werden – ich will gesehen werden – ich will gelobt werden.
Und wenn du das erkennst, dann versuche, dir im ersten Schritt genau das, was du brauchst, selbst zu geben. Sag dir also z.B. „Ich liebe mich, egal, was ich leiste oder gebe.“ Oder: „Ich sehe mich. Ich bin wichtig!“ Und erlaube es dir, dich selbst zu loben.

2. Du kannst nur geben, wenn es dir gut geht
Versuche, den folgenden Gedanken tief in dir zu verankern: Nur wenn du dich selbst am meisten liebst, kannst du andere genug lieben! Ja, ich weiß – das klingt im Moment noch egoistisch für dich, aber folgende Szene erklärt es am besten.
Stell dir vor, es kommt zu Komplikationen während des Fluges. Die Stewardess sagt: Setzen Sie sich selbst zuerst die Sauerstoffmaske auf und helfen Sie dann anderen. Warum? Wenn du versuchst, anderen zuerst zu helfen, wirst du scheitern, weil dir der Sauerstoff ausgeht.
Dich selbst zuerst zu lieben, ist also Nächstenliebe!
3. Trenne „mehr lieben“ von „mehr tun“
Wenn du das Gefühl hast, immer etwas leisten zu müssen, um geliebt zu werden, dann ist es essentiell, dass du beginnst, diesen Glaubenssatz zu durchbrechen. Deshalb frage ich dich: Gibt es irgendeinen Menschen auf dieser Welt, den du nur liebst, weil er so viel leistet? Nein, oder?
Logo, sonst würden wir Babys, die absolut nichts leisten können, nicht so abgöttisch lieben. Und deshalb mach dir bewusst: Kein Mensch auf der Welt liebt dich für das, was du tust. Wahre Liebe ist dafür da, geliebt zu werden, wer du bist.
4. Lerne, dich selbst zu lieben
Und mein letzter Impuls ist wie so oft derselbe, weil Selbstliebe die Basis für unser mentales Immunsystem, unser Glück und gesunde Beziehungen ist. Und wenn du genau dabei Unterstützung brauchst, dann schau dir gerne meinen zertifizierten Selbstliebe-Lehrgang in der Variante – „Nur für mich“ oder „Selbstliebe-Trainer mit Zertifikat“ an. 9 Wochen, die alles verändern können! Mit persönlicher Begleitung, Sparring-Partner-Gruppe, freier Zeiteinteilung und vielfältigen Tools aus dem Mental- und Selbstliebe-Training.
Herzlich, deine Melanie