Schon früh, wenn wir noch Kinder sind, geschieht es meist unbemerkt: Wir greifen nach dem viel zu schweren Rucksack unserer Eltern und streifen ihn uns über. Vielleicht, weil wir das Gefühl haben, dass sie selbst zu schwach sind, vielleicht, weil wir uns unbewusst mit ihnen solidarisieren möchten oder vielleicht auch einfach aus unserem kindlichen Nachahmen, dem Modelllernen, heraus.
Fakt ist, dieser viel zu schwere Rucksack, den man auch als emotionales Erbe bezeichnen kann, wird oft zu einer lebenslangen Last, die wir mit uns tragen. Daher lass uns heute einmal ganz bewusst einen Blick darauf werfen, in welchen Bereichen du die Last deiner Eltern abstreifen darfst.
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4 vererbte Lasten, die du loslassen darfst
1. Du musst deine Eltern nicht retten
Vielleicht denkst du manchmal, es sei deine Aufgabe, deine Eltern zu retten. Dieser Drang kann entstehen, wenn Eltern bereits in deiner Kindheit als emotional oder physisch schwach wahrgenommen wurden. Du hast möglicherweise gelernt, Verantwortung zu übernehmen, um ihre Belastung zu mindern oder wurdest sogar zum stillen Helden, der die Balance in der Familie gehalten hat.
Oder aber du hast jetzt im Erwachsenenalter das Gefühl, du musst sie retten, weil du ihnen noch so viel schuldest. So oder so kann diese Last extrem schwer werden. Zum einen, weil Druck entsteht und zum anderen, weil es uns eben meist nicht möglich ist, andere zu retten.
Wenn du denkst, du schuldest deinen Eltern etwas, dann mach dir bitte für einen Moment bewusst, dass der natürliche Energiefluss von den Eltern zum Kind geht – und nicht umgekehrt. Du warst ein Kind – und ein Kind darf annehmen. Du musst ihnen deshalb nicht ständig etwas zurückgeben. Du warst ein Geschenk für sie, und keine Last!
Mach dir auch klar: Deine Verantwortung liegt bei dir selbst, nicht bei der Rettung anderer. Jeder Mensch kann nur sich selbst retten, und das gilt auch für deine Eltern. Die einzige Pflicht, die du hast, ist: Erfülle das Leben, das sie dir geschenkt haben mit Liebe und Freude.
2. Schmerz der Eltern nachahmen
Hast du dich jemals dabei ertappt, unbewusst die Muster deiner Eltern zu wiederholen? Vielleicht findest du dich in ähnlichen finanziellen Schwierigkeiten wieder, oder du sabotierst unbewusst dein eigenes Glück, um nicht erfolgreicher oder erfüllter in der Liebe zu sein als sie. Oder aber du erlebst wieder und wieder denselben Schmerz wie sie.

Dieses Phänomen kann zwei Hauptgründe haben: Einerseits das Modelllernen, bei dem Kinder durch das Nachahmen automatisch Verhaltensweisen und emotionale Muster übernehmen.
Andererseits besteht oftmals eine unbewusste Solidarität, bei der unser inneres Kind eine Verbindung zu den Eltern aufrechterhalten möchte. Vielleicht, weil wir uns im Außen von den Eltern entfernt haben oder einfach aus einer kindlichen Sehnsucht heraus. Indem wir ähnlichen Schmerz oder ähnliche Geschichten erleben, fühlt sich unser inneres Kind, das einst auf die Liebe der Eltern angewiesen war, ihnen näher.
Doch es ist wichtig zu erkennen, dass du die Geschichte deiner Eltern nicht fortschreiben musst. Du darfst ihre Liebe annehmen und gleichzeitig ihre Themen bei ihnen lassen. Dein Leben ist deine eigene Geschichte. Du bist frei, neue Wege zu gehen und den alten Schmerz hinter dir zu lassen.
3. Die Erwartungen der Eltern
„Ich bin ein Geschenk eurer Liebe und kein Produkt eurer Erwartungen.“ Dieser Satz kann eine ungeheure Freiheit bringen, doch dahinter steckt mehr. Eltern haben oft Wünsche und Träume, die sie nicht verwirklichen konnten. Und so projizieren sie diese oft unbewusst auf ihre Kinder. Diese unausgesprochenen Erwartungen können erdrückend sein und den Eindruck vermitteln, dass dein Wert davon abhängt, wie gut du sie erfüllst.
Psychologisch gesehen erzeugen solche Erwartungen eine stille Belastung, die das eigene Selbstwertgefühl oft massiv schwächen. Es ist wichtig, zu erkennen, dass es nicht deine Aufgabe ist, die Träume anderer zu leben, sondern deinen eigenen Weg zu finden. Du darfst loslassen, was nicht zu dir gehört, und die Last dieser Erwartungen abstreifen.
4. Unbewusstes emotionales Erbe
Vielleicht hast du schon einmal etwas von der sogenannten Epigenetik gehört. Eine Wissenschaft, die erforscht, wie emotionale Traumata über mehrere Generationen unbewusst weitergegeben werden. Vielleicht trägst du Ängste, Unsicherheiten, Schuld, Scham oder Gefühle von Überforderung in dir, zu der sich auf den ersten Blick keine dramatische Ursache feststellen lässt.
Forscher sprechen jedoch von epigenetischen Veränderungen, die Emotionen und Erlebnisse unserer Vorfahren weitertragen. So können belastende Emotionen und Verhaltensmuster ihre Wurzeln in Ereignissen haben, die schon lange vor deiner Zeit geschahen.
Aber wie werde ich das emotionale Erbe los?
Vielleicht stellst du dir jetzt genau diese Frage: Und obwohl es leider keinen Zaubertrick gibt, der auf einen Schlag alle Prägungen aus deiner Kindheit oder weit davor auflöst, habe ich dir dennoch ein wirksames Ritual für deinen ersten Schritt mitgebracht.

Danke – ich gebe es euch zurück!
- Hol dir für diese Übung ein Blatt Papier und etwas zu schreiben. Gliedere das Papier in 4 Hälften. Notiere in die 4 Teile die oben besprochenen Bereiche.
- Also:
1. Ich muss meine Eltern retten.
2. Ich muss ihre Geschichte oder ihren Schmerz nachahmen.
3. Die Erwartungen meiner Eltern.
4. Unbewusstes Erbe.
Schreibe nun in jedes der vier Bereiche deine Gedanken dazu auf. Und zwar konkrete Gedanken, warum du glaubst deine Eltern retten zu müssen, wo und wie du den Schmerz oder die Geschichte deiner Eltern nachahmst, welche Erwartungen du denkst, erfüllen zu müssen und welche unbewussten Lasten du vielleicht trägst, von denen du nicht weißt, woher sie stammen. - Wenn du magst, teile das Blatt dann mit einer Schere in 4 Bereiche.
- Anschließend schließe deine Augen. Stell dir vor, du bist wieder ein Kind. Frag dich spontan, wie alt fühle ich mich und lausche auf die Antworten deines Bauchgefühls.
- Nun stell dir vor, du stehst in diesem Kindesalter deinen Eltern gegenüber. Du hast 4 Säcke dabei – für jeden Bereich, den du notiert hast einen. Nun gibst du einen Sack nach dem anderen deinen Eltern zurück und sagst dabei: Dankbar nehme ich eure Liebe an, aber eure Themen gebe ich euch zurück.
- Deine Eltern nehmen in ihrer Vorstellung die Säcke an, denn sie wissen, es sind ihre. Sollten die Säcke für sie zu schwer sein, dann stell dir vor, dass sie Verstärkung durch die Ahnen hinter ihnen haben.
- Spüre bei der Abgabe jedes einzelnen Sackes ein paar Momente nach.
Nimm dir für diese Übung ausreichend Zeit. Es kann hier und da emotional werden und du solltest die Ruhe und die Zeit haben, um dich wieder zu fassen.
Wenn du neugierig auf mehr geworden bist und noch tiefer eintauchen möchtest in die innere Kind-Arbeit und das Loslassen der Vergangenheit, dann schau dir gerne meinen 7-Wochen-Intensivkurs – Befreie dein inneres Kind – in der Variante „nur für mich“ oder „Innerer Kind-Mentor“ – an. Dieser Kurs mit Live-Begleitung – aber flexibler Zeiteinteilung – startet nur alle 9 Monate! Bald ist es wieder so weit. MEHR INFOS!
Herzlich, deine Melanie