Vor 12 Jahren habe ich meine Heimat verlassen, um in der Großstadt einen Neustart zu wagen. Und was soll ich sagen, es war für mich die absolut richtige Entscheidung. Aber so großartig meine Anfangszeit mit meinem damaligen Traumjob und den vielen Möglichkeiten in der Metropole auch war, fühlte ich mich dennoch in den ersten Monaten oft einsam.
Nicht, weil ich nicht auf genug Menschen traf, die mein Interesse erweckten, nein diese fand ich überall, aber leider waren sie oft sehr oberflächlich. Wehmütig telefonierte ich dann häufig mit meinen Freunden aus der Heimat, mit denen es immer ein Leichtes war, die Tiefe, nach der ich mich sehnte, sofort wiederherzustellen.
Weil mich die oberflächlichen Beziehungen in der neuen Heimat damals nicht zufriedenstellten, fragte ich mich, was der Schlüssel zum Aufbau von tiefen Verbindungen sei. Mittlerweile glaube ich, ihn gefunden zu haben, denn heute ist mein Leben hier in Wien erfüllt von Menschen, zu denen ich mit tief verbunden fühle.
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Und vielleicht kannst auch du diesen Schlüssel früher oder später oder sogar gerade jetzt gebrauchen. Deshalb möchte ich heute auf die 5 Zutaten eingehen, die wir benötigen, um echte, vertrauensvolle und tiefe Beziehungen aufzubauen.
5 Zutaten, um tiefe Verbindungen aufzubauen
1. Zuerst die eigene Tiefe finden
Im Nachhinein wurde mir schnell klar, warum meine anfänglichen Beziehungen in Wien oft wenig authentisch und noch weniger tief waren. Es war eine Zeit des Umbruchs und ich konzentrierte mich auf alles im Außen, aber nicht auf mich selbst.
Bevor wir tiefe Verbindungen zu anderen aufbauen können, müssen wir uns zuerst mit unserer eigenen Tiefe auseinandersetzen. Diese Tiefe hatte ich eine Zeit lang übersehen, weil ich so sehr mit dem Konstrukt im Außen beschäftigt war.
Selbstreflexion ist der Schlüssel, um Zugang zur eigenen Tiefe zu erhalten. Indem wir uns bewusst mit unseren Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen auseinandersetzen, können wir unser Inneres besser verstehen und authentisch nach außen tragen.
Nur, wenn ich selbst weiß, was mein Herz gerade bewegt, kann ich das auch kommunizieren und dadurch mit anderen Gespräche aufbauen, die uns beide zutiefst bewegen.
Hier ein paar praktische Tipps und Techniken für eine effektive Selbstreflexion:
- Führe regelmäßig Tagebuch
- Schreibe einen Brief an dein zukünftiges Selbst, in dem du deine aktuellen Gedanken, Ängste und Träume festhältst. Lies den Brief zu einem späteren Zeitpunkt und reflektiere über deine persönliche Entwicklung.
- Frag dich immer wieder einmal: Was beschäftigt mich gerade wirklich?
- Meditiere, um deinen Geist zu beruhigen und deine Gedanken zu ordnen.
- Versuche die 5-Warum-Methode: Stelle dir eine Situation vor, die dich herausfordert, und frage dich fünfmal „Warum?“, um zu den tieferen Ursachen deiner Probleme zu dringen.
- Mach dir eine Glücksdose, in die du täglich einen Zettel legst, auf dem steht, wofür du dankbar bist oder was dich glücklich gemacht hat. Am Ende der Woche reflektiere über die gesammelten Momente.
2. Die Macht der Empathie
Empathie ist eine Schlüsselkomponente für den Aufbau tiefer Verbindungen zu anderen Menschen. Sie ermöglicht es uns, über die Oberfläche hinauszublicken und die inneren Erfahrungen anderer zu verstehen. Wenn wir empathisch sind, können wir uns in die Lage anderer hineinversetzen und ihre Perspektive verstehen. Dies fördert ein tiefes Verständnis und Vertrauen und ermöglicht wahrlich tiefe Verbindungen.
Obwohl ich meine Fähigkeit der Empathie immer schon sehr stark eingeschätzt habe, muss ich zugeben, dass sie nach meinem Ortswechsel nach Wien gesunken war. An und für sich ist das absolut normal. Immer dann, wenn unser Leben voller Abenteuer oder neuer Herausforderungen ist, nimmt unsere Einfühlsamkeit etwas ab. Wir verwenden dann quasi mehr Energie für das Bewältigen und Verstehen des Neuen, sodass kurzfristige Empathie-Tiefs die Folge sind.
Aber zum Glück konnte ich meine heimliche Superkraft, wie ich sie gerne nenne, nach einiger Zeit wieder aufbauen. Falls auch du deine Empathie trainieren möchtest, gibt es hier ein paar praktische Tipps:
- Aktiv zuhören: Konzentriere dich darauf, wirklich zuzuhören, wenn jemand mit dir spricht, anstatt bereits darüber nachzudenken, was du als nächstes sagen möchtest. Lass dich ganz in die Erzählung deines Gegenübers hineinfallen, in etwa so, als wäre sie ein spannender Krimi. Das ist nebenbei auch noch sehr entspannend.
- Stelle Fragen: Zeige echtes Interesse an den Gefühlen und Bedürfnissen anderer, indem du offene Fragen stellst, die dazu ermutigen, mehr über ihre Perspektive und ihre inneren Erfahrungen zu teilen.
- Beachte die nonverbalen Hinweise wie Körpersprache, Gesichtsausdruck und Tonfall, um die Emotionen und Stimmungen anderer besser zu verstehen. Dies kann dir helfen, subtile Signale aufzunehmen und einfühlsam darauf zu reagieren.
- Empathie-Übung: Wähle eine Person aus deinem Umfeld und versuche, einen Tag lang die Welt aus ihrer Perspektive zu betrachten. Was würdest du fühlen und denken, wenn du an ihrer Stelle wärst?
3. Verletzlichkeit verbindet
Vielleicht ist es dir schon einmal aufgefallen: Es sind nicht die Perfekten und Erfolgreichen, mit denen wir uns tief verbunden fühlen, sondern die Menschen, die ihre Narben und ihre Verletzungen – die Ähnlichkeit mit unseren eigenen haben – offen zeigen.
Auch ich machte damals nach meinem Umzug den Fehler, mich hinter einer Fassade von Perfektionismus und Erfolgsstreben zu verstecken. Schließlich wollte ich meine neuen Bekanntschaften beeindrucken und von meiner Person überzeugen. Aber wer nur Fassaden zeigt, der bekommt im Gegenzug auch von anderen nur einen Blick auf das Außen, aber nicht auf das Innen.
Erst wenn wir selbst in der Lage sind, uns verletzlich zu zeigen, kann auch unser Gegenüber seine wahren Gefühle und Gedanken preisgeben.
Verletzlichkeit mag zunächst als Schwäche erscheinen, aber in Wirklichkeit ist sie ein Zeichen von Stärke. Indem wir uns verletzlich zeigen, erlauben wir anderen, uns wirklich kennenzulernen. Es ist ein Akt des Vertrauens, sich zu öffnen und die innersten Ängste, Träume und Schwächen mit anderen zu teilen. Nur durch diese Offenheit können wir tiefe und authentische Beziehungen aufbauen.
Vielleicht ist deine Angst vor Verletzlichkeit im Moment noch sehr groß. Dann könnte es daran liegen, dass alte Glaubenssätze dich noch immer dominieren, womit wir bei der vierten Zutat für erfüllte Beziehungen wären.
4. Der Einfluss der Glaubenssätze
Unsere tief verwurzelten Glaubenssätze können uns oft daran hindern, tiefe und erfüllende Beziehungen aufzubauen. Diese inneren Überzeugungen, die wir über uns selbst, über andere Menschen und Beziehungen haben, beeinflussen maßgeblich unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Hier sind ein paar Beispiele dafür:
Wie beeinflussen Glaubenssätze unsere Beziehungen?
- „Ich bin nicht gut genug“: Dieser Glaubenssatz kann dazu führen, dass wir uns minderwertig fühlen und Angst davor haben, uns anderen zu öffnen, aus Sorge, nicht akzeptiert oder geliebt zu werden.
- „Ich werde immer enttäuscht“: Die Überzeugung, dass Beziehungen immer enttäuschend enden, kann dazu führen, dass wir uns emotional abschotten und keine echte Nähe zulassen, um uns vor potenziellen neuen Verletzungen zu schützen.
- „Ich bin nicht liebenswert“: Wenn wir glauben, dass wir nicht liebenswert sind, können wir uns selbst sabotieren, indem wir uns zurückziehen oder uns in Beziehungen unterordnen, um die Zustimmung anderer zu erhalten.
- „Alle wollen mir Schaden zufügen“: Diese Überzeugung kann zu einem starken Misstrauen gegenüber anderen führen und uns daran hindern, uns verletzlich zu zeigen oder echtes Vertrauen aufzubauen.
Aber wie schaffen wir es, diese Glaubenssätze zu identifizieren und zu lösen? Dazu möchte ich dir im ersten Schritt das klassische Konzept dafür mitgeben, obwohl es natürlich einige weitere gibt, von denen du einige in meinen Blogs und Podcasts kennenlernen kannst:
- Bewusstwerdung: Identifiziere deine limitierenden Glaubenssätze, indem du aufmerksam auf deine Gedanken und Überzeugungen achtest. Notiere dir immer wiederkehrende negative Gedankenmuster.
- Hinterfrage deine Überzeugungen: Frage dich, woher deine Glaubenssätze kommen und ob sie wirklich der Realität entsprechen. Suche nach Beweisen, die gegen deine negativen Überzeugungen sprechen.
- Affirmationen und Umformulierungen: Ersetze negative Glaubenssätze durch positive Affirmationen. Formuliere unterstützende Gedanken und Überzeugungen, die dir helfen, Selbstvertrauen aufzubauen und dich für erfüllende Beziehungen zu öffnen.
5. Die Kunst des tiefen Kontakts
Das Geheimnis wirklich tiefer Verbindungen liegt in der Kunst des tiefen Kontakts. Hier geht es darum, authentische Beziehungen aufzubauen, die auf gegenseitigem Vertrauen, Offenheit und Verständnis basieren. Aber wie macht man das? Was braucht es, um wirklich tiefgreifende Verbindungen zu schaffen? Hier sind ein paar Schritte, die dir helfen können:
- Zeige dich offen, ehrlich und unperfekt. Teile deine Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse offen mit anderen.
- Löse dich von permanentem Small-Talk. Und vielleicht auch von Menschen, die nur das möchten. Small-Talk ist ein netter Gesprächseinstieg, darüber hinaus würde ich ihn als pure Lebenszeitverschwendung bezeichnen.
- Beginne Gespräche mit tiefsinnigen Fragen. Zum Beispiel: Was hat dich im letzten Monat wirklich bewegt? Wenn es eine Sache gäbe, die du noch einmal erleben möchtest, welche wäre es? Was glaubst du, sind deine drei stärksten Eigenschafen? Was ist die eine Sache in deinem Leben, die dein Herz höher schlagen lässt? Welche Verletzung dachtest du einst, nie überwinden zu können? Was ist das Beste, was dir je passiert ist?
- Tiefe Verbindungen brauchen Zeit! Wenn du eine neue Bekanntschaft machst, gib ihr Zeit zu reifen und pflege sie aktiv.
- Suche bewusst nach Gleichgesinnten. Wenn du dir mittels Selbstreflexion darüber bewusst geworden bist, was dein Herz wirklich höher schlagen lässt, kannst du bewusst nach Gruppen, Vereinen oder Menschen suchen, die ähnliche Interessen und Werten haben.
- Unterschätze nicht die Kraft der gemeinsamen Erfahrungen:
Erschaffe bewusst gemeinsame Erlebnisse, sei es durch Tagestrips, etwas Neues gemeinsam ausprobieren oder kreative Projekte. Geteilte Erfahrungen schaffen eine tiefere Verbundenheit und können Beziehungen auf eine neue Ebene heben.
Suche bewusst nach Menschen, die bereit sind, mit dir in die Tiefe zu gehen, sich echt, fehlerhaft und verletzlich zu zeigen. Und wenn du eine solche Person gefunden hast, unterstütze ihren Mut, indem du z. B. sagst: Ich schätze deine Authentizität und finde deine Verletzlichkeit macht dich noch viel schöner!
Herzlich, deine Melanie