Es gab einmal eine Zeit in meinem Leben, in der meine Beziehungen von einer unsichtbaren Fessel gefangen schienen. Die Abhängigkeit von anderen prägte – bewusst sowie auch unbewusst – mein Handeln und meine Gedanken. Sie ließ mich jeden Schritt meines Partners oder anderer nahestehender Menschen analysieren – ich suchte in ihren Reaktionen auf mich den Schlüssel meiner eigenen Bestätigung.
Selbst meine Interessen und Hobbys passte ich an, um ja keine Disharmonie oder gar Ablehnung zu provozieren. Ich war zu dieser Zeit sehr abhängig von der Anerkennung und dem Feedback anderer Menschen. Diese Abhängigkeit dominierte mein Leben, ohne dass ich es bewusst bemerkte.
Doch dann kam ein Schmerz in mein Leben, der mich erkennen ließ, dass ich völlig fremdbestimmt war. Ich erkannte meine Verlustangst als grundlegende Ursache dafür. Aber auf dem Weg meiner Selbsterforschung fand ich noch weitere Gründe, wie es zu meiner damaligen Abhängigkeit gekommen war.
Mittlerweile bin ich frei von dieser Angst und frei von der übermäßigen Abhängigkeit, die mich so lange vergessen ließ, wer ich selbst war und was ich wirklich wollte. Wenn auch du dich häufig von anderen abhängig fühlst, bekommst du in diesem Blogbeitrag Hintergrundwissen dazu und mögliche Auswege aus der Falle.
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Anzeichen für emotionale Abhängigkeit
Im ersten Schritt gilt es einmal festzustellen, ob du von emotionaler Abhängigkeit betroffen bist. Hier kommen die 7 häufigsten Anzeichen dafür:
- Übermäßige Angst vor Verlust: Jede kleinste Distanz zu anderen fühlt sich an wie ein Abgrund.
- Selbstwertgefühl, das abhängig vom Partner ist: Die eigene Wertschätzung hängt fast ausschließlich von der Bestätigung durch den Partner oder anderen wichtigen Menschen, wie z. B. der besten Freundin, den Eltern oder dem Boss ab.
- Kontrollbedürfnis: Ein ständiges Bedürfnis, den Partner oder einen anderen nahestehenden Menschen zu kontrollieren, um die eigene Unsicherheit zu kaschieren.
- Fehlende Eigenständigkeit: Die eigene Identität verschwimmt mit der des Partners bzw. einer anderen zentralen Person, eigene Interessen geraten in den Hintergrund.
- Angst vor Konflikten: Konflikte werden vermieden, um Verbindungen nicht zu gefährden, selbst wenn es auf Kosten der eigenen Bedürfnisse geht.
- Ignorieren von Warnzeichen: Das Ignorieren offensichtlicher Probleme in der Beziehung oder in Freundschaften, um die Illusion der Harmonie aufrechtzuerhalten.
- Sucht nach Bestätigung: Ein ständiges Bedürfnis nach Bestätigung, um das innere Gefühl der Leere zu füllen.
Die Entstehung von emotionaler Abhängigkeit
Emotionale Abhängigkeit entwickelt sich schleichend durch verschiedene Faktoren, die miteinander verschmelzen. Hier sind einige Kernmechanismen:
1. Ungesunde Bindungsmuster
Oft entstehen emotionale Abhängigkeiten durch ungünstige Bindungsmuster aus der Kindheit, die sich in späteren Beziehungen wiederholen. Frühe Erfahrungen prägen unsere Vorstellung von Liebe, Sicherheit und Selbstwertgefühl. Sind diese Erfahrungen von Unsicherheit, Vernachlässigung oder Ablehnung geprägt, neigen wir dazu, ähnliche Muster zu wiederholen.
2. Vermeiden von Selbstreflexion
Emotionale Abhängigkeit kann auch entstehen, wenn wir uns vor Selbstreflexion scheuen. Weil wir nie in uns hineinschauen, wissen wir natürlich nicht, wer wir sind und was wir brauchen und ignorieren so die eigenen Bedürfnisse. Indem wir uns nicht mit Unsicherheiten und Ängsten auseinandersetzen und die Ursachen dafür finden, flüchten wir in die vermeintliche Sicherheit einer Beziehung.
Verständnis dafür ist der erste Schritt, um die Mauern der Abhängigkeit niederzureißen und den Weg zu gesunden Beziehungen zu ebnen.
3. Verlustangst
Die Angst vor Verlust ist ein zentraler Aspekt der emotionalen Abhängigkeit. Diese Angst kann auf früheren Erfahrungen von Trennung, Verlust oder Zurückweisung beruhen. Um diese Angst zu bewältigen, klammern sich Menschen an ihre Partner und entwickeln ein übermäßiges Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit.
Die Vorstellung des damaligen Verlustes löst derart intensive emotionale Reaktionen aus, was meist dazu führt, dass eine gesunde Abgrenzung in Beziehungen nicht eingehalten werden kann.
4. Wenig Selbstliebe
Mangelnde Selbstliebe entsteht häufig bereits in der Kindheit. Wurden wir nicht so geliebt, wie wir es gebraucht hätten, entsteht in uns die Meinung, dass wir Liebe nicht verdienen. Dementsprechend können wir uns selbst nicht lieben und suchen im außen nach einem Menschen, der das übernimmt. Das Problem – wir machen uns dadurch zu 100 % abhängig vom anderen.
Wenn wir eine gesunde Selbstliebe haben, können wir uns einen Teil der Liebe selbst schenken und machen uns damit unabhängiger vom Wohlwollen anderer.
Konkrete Tipps und Wege aus der emotionalen Abhängigkeit
Was kannst du nun tun, um deine Abhängigkeit auf ein gesundes Maß zu minimieren und dir dadurch auch deine innere Freiheit und Sicherheit zurück ins Leben zu holen?
Hier gibt es verschiedene Wege: Im ersten Schritt kannst du versuchen, mehr Me-Projekte zu initiieren. Setze dir Ziele, die nur dich betreffen und lass dich hier nicht von den Wünschen anderer beeinflussen: z. B. einen 5 Kilometer-Lauf oder Stricken lernen. Suche dir Hobbies nur für dich – damit du wieder Freude, Leidenschaft und Selbstbestimmtheit findest. Egal ob das Yoga, Karaoke, Malen oder Kickboxen ist.
Essentiell für deinen Weg raus aus der Abhängigkeit ist auch die Selbstreflexion. Solange du vor deiner eigenen inneren Welt wegläufst, weißt du nicht, wer du wirklich bist. Selbstreflexion gibt dir die Möglichkeit, dich selbst wirklich kennenzulernen:
- Nur, wenn du dich selbst richtig kennst, kannst du dir ein starker Partner in jeder Lebenslage sein.
- Nur, wenn du dich selbst richtig kennst, erfährst du, welche Wunden es noch zu heilen gibt.
- Und nur, wenn du dich selbst kennst, weißt du welche Bedürfnisse und Wünsche du hast.
Selbstliebe und die Arbeit mit deinem inneren Kind
Und zum Abschluss kann dir Selbstliebe dabei helfen, freier, unabhängiger, selbstbewusster und glücklicher durchs Leben zu gehen. Wie schon erwähnt, bedeutet Selbstliebe nicht, dass du dann keinen anderen mehr brauchst – nein, es bedeutet nur, dass du nicht mehr die gesamte Verantwortung für dein Wohlbefinden nach außen verlagerst, sondern einen Teil selbst übernimmst. Dir zum Beispiel auch selbst einen Teil der so wichtigen Liebe schenkst, damit du gar nicht erst so ausgehungert bist, wie du es in der Vergangenheit oft gewesen bist.
Zur Selbstliebe-Arbeit gehört auch die Auflösung von negativen Glaubenssätzen. Hinter einer Verlustangst kann ein negativer Glaubenssatz aus der Kindheit stecken, den du heute auflösen kannst. Dein inneres Kind, das damals vielleicht einen großen Bindungsschmerz erlitten hat und endlich diene Aufmerksamkeit und Liebe braucht, kannst du heute heilen.
Wenn du beim Thema inneres Kind und Selbstliebe noch tiefer tauchen möchtest und dich endlich deiner alten Fesseln entledigen, dich selbst neu entdecken willst, dann lege ich dir mein Buch, den SPIEGEL-Bestseller „Wenn das Kind in dir noch immer weint“, ans Herz.
Herzlich, deine Melanie